Hallo... Ich
bin keine Betroffene, nur eine ganz normale Patientin. Warum
kann ich dann die Wut und Hilflosigkeit der Menschen verstehen, Weil
ich auch ein Patient bin, ein ganz normaler Durchschnittspatient. Aber
was einem da so passiert ist nicht normal. Ich
erzähl einfach mal ein wenig.... Am
Anfang unserer Ehe haben wir uns Kinder gewünscht. Leider
lief das alles nicht so gut. Diesmal
hielt die Schwangerschaft etwas länger, aber Anfang des 5. Monats setzten
wieder Blutungen ein. Der Professor
hat geschallt und die Studenten standen rundum. Ich
bin mir vorgekommen wie ein Objekt. Der
Fötus konnte nach der Ausschabung nicht untersucht werden, da Wochenende
war und das Labor nicht besetzt war.
Warten konnte man auch nicht, weil ich sonst eine Blutvergiftung
bekommen hätte, hat man mir gesagt. Wenn
man 3 mal eine Fehlgeburt hatte, hat man viele Fragen. Wir
hatten einen Termin bei dem Herrn Professor und ganz viele Fragen. Seine
Antwort auf alles war:“ das ist wie bei Bienen, die fliegen auch von Blüte
zu Blüte, und das gibt auch nicht immer ein Äpfelchen!“ Wir kamen uns nicht ernst genommen vor, total verarscht und verletzt. Nach
dieser 3. Fehlgeburt hatte ich lange Probleme und lange Zeit kein
Vertrauen mehr zu Frauenärzten. Jahre
später haben wir es noch mal versucht. Die ganze Latte: Hormone,
Inseminierung, Bauchspiegelung.... das ganze Programm, ohne Erfolg. Dann
irgendwann, wurde ich wieder schwanger, im 12. Ehejahr. Unsere
Tochter, die nicht alleine aufwachsen sollte, stand im Abitur. Dann,
unser Sohn war 4 Jahre alt, ging es mir nicht gut. Die Blutsenkung war
schlecht, ich hatte Fieber und Durchfall, konnte nicht schlafen, hatte
Bauchweh und war mir sicher, ich habe Krebs. Nach einem Jahr und 6 Monaten
kam man endlich drauf, das ich Morbus Crohn habe, eine chronische Darmentzündung. Man
musste mir den Namen der Krankheit auf einen Zettel schreiben, weil ich
mir ihn nicht merken konnte. Über diese Krankheit informiert habe ich
mich durch Bücher. Es
ist nicht lustig Morbus Crohn zu haben. Eine Halsentzündung wäre mir
lieber, weil es einfacher ist, sich in den Hals gucken zu lassen, als in
den Po. Aber ich denke jeder hat seinen wunden Punkt, und ich kenne meinen
und kann damit jetzt ganz gut umgehen. Ich
war einfach froh für meinen Zustand einen Namen zu haben. Ich
bekam eine Überweisung in die „Proktologie“. Der Name hätte mir
schon zu denken geben sollen, aber damals war ich noch naiv. Natürlich
musste ich Stunden warten, aber ich habe mich nett unterhalten. Na
ja, das war mal lustig... Dann,
kurz drauf hatte ich im Genitalbereich ein merkwürdiges Gefühl und war
beim Frauenarzt. Er sagte, da ist ein Abszess im Dammbereich, erbsengroß
und er hat mich in die Uniklinik überwiesen. Dann
waren plötzlich alle wach und aufgeregt, ich musste sofort
unterschreiben, das sofort operiert werden muss und das ich mit einem 2.
Darmausgang einverstanden bin. Ich wurde sofort vorbereitet mit
Transfusionen und Rasur und konnte grad noch meinen Mann anrufen und
organisieren das jemand meinen Sohn vom Kindergarten abholt... Sie
wollten trotzdem noch operieren, aber ich habe die Transfusionsnadel aus
dem Arm gezogen, hab mich angezogen, bin in die Kantine und hab da auf
meinen Mann gewartet... Die
haben mich nie wieder gesehen, aber als ich die Akte haben wollte, konnte
man nichts mehr finden..... Ich
habe mich missbraucht gefühlt und gedemütigt. Vor
einem Jahr war ich bei einem Internisten zum Check Up. In
der Uniklinik hat man mich dann gefragt, ob ich operationsgeil wäre.... Und
das fand ich nicht mehr lustig... Seit
4 Jahren habe immer wieder Brandblasen auf dem Rücken. Heute
weiß ich, das ist „Epidermolysis
bullosa aquisita“, eine Folgekrankheit des Morbus Crohn. Das weiß ich
aber aus dem Internet und habe mir das in der Klinik nur bestätigen
lassen. Ich
bin überzeugt davon, das manche Ärzte in großen Kliniken glauben, Patienten
sind wie Kuchen. Mein
Verhältnis zu Ärzten ist heute anders. Wenn
ich zum Arzt gehe, muss ich nicht bitte sagen... ich bin eine Art Kunde. Ich
warte nicht mehr demütig in ungemütlichen Wartezimmern, nicht
stundenlang. Und
ich will meine Unterlagen haben. Ich möchte die Ergebnisse der
Untersuchungen schriftlich für meine Akten haben, und zwar zeitnah. Und
wenn ich unsicher bin, möchte ich meine Krankenkasse anrufen können
und fragen, was denn abgerechnet worden ist. Ich möchte, das man mir meine Untersuchungsergebnisse in mir verständlichen Worten erklärt. Wie oft hatte ich keine Zeit mehr um nachzufragen, weil der Zeitdruck durch die Wartezeit zu groß geworden ist. Und ich möchte, das man mir zuhört.
Auf jeden Fall lese ich mir den Brief jetzt vor jedem Arztbesuch laut vor, und versuche an alles zu denken und meine guten Vorsätze zu verwirklichen.. Vielleicht hilft es.... mit freundlichen Grüßen eine ganz normale Patientin
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